Clou
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Rauszeit

Unter Chilangos und Nomaden

Fabian Gubelmann
Do, 24. April 2024

Donnerstag, 24. April 2024  | 15:00 – Mexico City

Bereits zwei Wochen her, seit meinem Start in die Rauszeit. Vor lauter Eindrücken kam ich noch gar nicht dazu, mich auszudrücken. Höchste Zeit für einen ersten Rückblick, angefangen bei der Anreise:

Etwas irritiert schlenderte ich durch ein ungewöhnlich finsteres Terminal in Montreal, meinem Zwischenhalt auf dem Weg nach Mexico-City. Irgendetwas fühlte sich komisch an. Keine herumwedelnden Parfumstreifen im Duty-Free, keine zusammengekniffenen Augen unter dem Departure Board und selbst die begehrten Terminalplätze mit Steckdosennähe waren nur von etwas Brösmeli besetzt. Der Flughafen wirkte unheimlich leer. Jänu, Adapterdings rausgekramt, eingesteckt und weiter den Duolingo-Vogel füttern.

Ein lautes «That was amazing» riss meine Augen wieder vom kleinen Screen. Vor mir stand Luis, ein Mexikaner, der mit voller Begeisterung in mein fragendes Gesicht grinste. Im Hintergrund kehrte das hastige Treiben am Flughafen zurück und Luis musste mir beibringen, dass ich gerade die Sonnenfinsternis über Montreal verpasst haben soll. «Oooh boy», dachte ich. 2081 soll es wieder passieren, sagt mir Google. Doch Luis’ Worte waren tröstlicher: «No reason to be disappointed, you're going to the best city in the world!»

Mit etwas mehr FOMO als zuvor und einer Verabredung zum Mittagessen bordete ich meine Maschine nach CDMX und hoffte, dass Luis recht behalten würde.

Tacos todos los días

Kaum geschlafen, stolperte ich am nächsten Tag durch die von Wurzeln gesprengten Gehwege des grünen Viertels Roma und tat so, als wüsste ich genau, wo ich hingehe. Die Suche nach dem erstbesten Taco endete bereits an der ersten Strassenkreuzung: Nice! In jedem Häuserblock findet man mindestens eine Taquería oder einen Streetfood-Stand. Nichts ist hier so allgegenwärtig wie der brodelnde Kessel mit Schweineschmalz. Die fettigen Eisenwannen werden nicht etwa hinter der Theke versteckt, sondern zur allgemeinen Anregung prominent nach vorne gepackt. Die begehrten Plastikhocker drumherum sind den Chilangos vorbehalten. Für Gringos wie mich, die ihre tropfenden Tacos ebenfalls im Sitzen verzehren möchten, sind Selbstbewusstsein, Timing und einklappbare Schultern unerlässlich.

Zwischen all den Tacos habe ich natürlich auch gearbeitet. Im Co-Working reihte ich mich zwischen Data Scientists, Game-Entwicklerinnen und anderen digitalen Nomaden ein. Was für mich eine neue Welt war, haben diese Menschen auf jedem Kontinent gefühlt zweimal durchgespielt. Als Neuling entlarvt, wurde ich durch meinen Billig-Adapter-Powercharger-Klumpen, der alle 15 Minuten aus der Steckdose auf den Boden knallte. Schnell konstruierte ich mir aus dem mobilen Interieur des ultrahippen Co-Workings eine Stütze und noch schneller wurde ich anschliessend in die Gemeinschaft aufgenommen. Dies war sicher auch meinen Arbeitsgspändli zu verdanken, welche die Feierabendplanung gerne der Arbeit vorzogen.

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In guter Gesellschaft

Ein Highlight meiner Rauszeit war das Club América Spiel im Aztekenstadion zusammen mit einigen Coworkern. Dieser Kessel kochte nicht vor Schweineschmalz, sondern wegen 110‘000 in Gelb gehüllten Chilangos. Auswärtsfans? Ferngeblieben. Als das erste Gegentor fiel, verstand auch ich, in welchem Territorium ich mich befand. Das 5 zu 1 wurde weit über die Stadionmauern hinaus gefeiert – die Flucht schien unmöglich. Zwei apokalyptische Stunden später und zwei iPhones ärmer, gelang sie uns doch noch: Zu fünft aneinanderklebend auf der Rückbank eines Taxis.

Abstand von dem etwas isolierten Nomadenvolk gelang mir jeweils im Parque México. Dort traf man abends die örtliche Rentnergarde, die mit ihren Salsa-Moves alle in den Schatten stellte. Daneben versuchten die Jungen verzweifelt, die neuesten TikTok-Tänze zu perfektionieren, während ihre Handylautsprecher wiederum von der omnipräsenten Reggaeton-Boombox übertönt wurden. Kinder jagten sich gegenseitig, Hunde jagten die Kinder und ich beobachtete das chaotische Treiben aus der Ferne. Kaum hingesetzt, kam auch schon das «Amigooo» von der Seite. Die spontanen Plaudereien unter dem blühenden Kolonnadengang waren der Grund, weshalb ich mich fast täglich nach Feierabend im Park wiederfand, um mein Spanisch aufzupolieren.

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Boomende Kunstszene

Mexiko City gilt als der neue florierende Hotspot für zeitgenössische Kunst. Da trifft sich es ja ganz gut, dass Museumsbesuche quasi fixer Bestandteil der Rauszeit-AGBs sind. Noch besser trifft es sich, dass soeben die Condo Mexico City 2024 eröffnet wurde. Pflichtbewusst begann ich den Orientierungslauf durch die hippen Galerien der Stadt.

Auf meiner Bucketlist stand auch das National Museum of Anthropology. Zu meinen Highlights zählten aber nicht die Azteken, sondern die Ausstellung «To live forever» von Damien Hirst in der Galería Jumex, wo mir seine bekanntesten Werke – die in Formaldehyd eingelegten, halbierten Tierkörper – die letzte Lust auf Tacos nahmen.

Nach der Rauszeit die Auszeit

Mexico-City war ein wilder Mix aus Chaos, Charme und unzähligen Streetfood-Ständen, die meine Geschmacksknospen sowie mein Magen-Darm-System auf eine harte Probe gestellt haben. Auch wenn ich nur an der Oberfläche der 22 Millionenmetropole gekratzt (und danach genüsslich meine Finger abgeleckt) habe, hatte Luis recht: CDMX ist möglicherweise die beste Stadt der Welt.

Zum Glück muss ich diesem schönen Flecken Erde noch nicht komplett «Adios» sagen. Ich bleibe noch etwas auf dieser Seite des Atlantiks und bereise nach meiner Rauszeit während drei Monaten Mittel- und Südamerika.

¡Hasta la vista!

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